Charakterisierung der Hopfenaromaextraktion

mittels Trockenrückstand und Brechungsindex

Charakterisierung der Hopfenaromaextraktion
AutorInstitution
Peter Bandelt RiessLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Julian KrimmerLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Michael KuhnLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Prof. Petra FörstLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Datum 14. August 2019
Ausgabe3
Jahrgang87
Seitenzahl126-128

Innerhalb der Craft Bier-Bewegung sind Biere mit charakteristischen Aromaprofilen besonders wichtig. Um diese zu gewinnen, wird Hopfen – häufig in Form von Pellets – in den Gär- oder Lagertank eingebracht [1, 2]. Der Aufschwung der Craft Brauereien und ihre Popularität sind solchen hopfigen Bieren geschuldet. Für einen ökomischen Betrieb ist es von großem Interesse, wie schnell der Massentransport aus dem Hopfen in das Bier erfolgt und wie sich dieser beeinflussen lässt.

In dieser Studie wird daher die Aromaextraktion aus Hopfenpellets unter verschiedenen Parametervariationen durchgeführt und ihre zeitliche Entwicklung durch die Menge an gelösten Stoffen überwacht. Aus der Kaffeeextraktion ist bekannt, dass diese Größe direkt proportional zum Brechungsindex der Lösung ist [3], der sich eigentlich viel schneller und einfacher als der Trockenrückstand (Total Dissolved Solids, TDS) messen lässt. Deshalb wird die Messung des Brechungsindex als vielversprechende Alternative für die Analyse des Hopfungsverlaufs von Bieren untersucht. Diese Erkenntnisse könnten Brauereien direkt unterstützen, die Entwicklung ihrer Kalthopfungen leichter und effizienter zu überwachen.

Experimentelles Vorgehen

Um die Hopfung einer Flüssigkeit im Labor zu reproduzieren, wurden Pellets des Aromahopfens Cascade Typ 90 (Simon H. Steiner, Hopfen, GmbH, Mainburg) mit einem Gesamtharzanteil von 16,5 Prozent suspendiert. Die verwendeten Suspensionsmedien waren entweder vollentsalztes Wasser oder Bier vom Typ Premium Pilsener (Karlskrone).

Bechergläser wurden mit dem Suspensionsmedium auf 1000 ml aufgefüllt. Anschließend wurden sie auf Magnetrührer mit integrierter Heizung gestellt und auf eine gewünschte Zieltemperatur temperiert. Versuche, die bei Temperaturen unter Zimmertemperatur stattgefunden haben, wurden in einem Kühlraum durchgeführt. Nach Zugabe der gewünschten Pelletmasse zum Suspensionsmedium wurde der Versuch unmittelbar gestartet. Die Zeitnahme erfolgte mithilfe einer Stoppuhr und die Ermittlung aller gravimetrischen Messdaten auf 0,1 mg mittels einer Analysewaage (Typ: 240A, Precisa Gravimetrics AG, Zürich).

Die Parametervariationen der Versuche gliederten sich folgendermaßen: Einfluss der Hopfenkonzentration, der Rührgeschwindigkeit, der Temperatur und des Suspensionsmediums in Abhängigkeit der Zeit. Die Proben wurden zwischen 0 und 230 min genommen, wobei die Zeitintervalle von der Extraktionsgeschwindigkeit abhängig waren.

Tabelle 1 stellt die Übersicht aller Parametervariationen dar. Bei jeder Variation wurden die anderen Parameter bei 10 g/l, 250 U/min und 20°C konstant gehalten.
Aus dem Suspensionsmedium wurde mit einer Spritze (Typ: Injekt, Luer-Ansatz, B. Braun Melsungen AG, Melsungen) eine Probe von ca. 22 ml gezogen, die anschließend über einen Drahtgewebefilter mit Maschenweite 75 µm vorfiltriert wurde. Dadurch wurden grobe Feststoffe entfernt.
Die TDS-Bestimmung erfolgte gemäß der Norm DIN EN 15216: 2008-01 [4]. Die vorgeklärte Probe wurde nochmals mit 2 µm Glasfaser-Spritzenfiltern (Typ: Rotilabo, Carl Roth GmbH & Co. KG, Karlsruhe) abfiltriert, um die ungelösten Feststoffpartikel zu entfernen, und 20 ml im Trockenschrank (Typ: UF55 Plus, Memmert GmbH & Co. KG, Schwabach) bei 105 ±3°C bis zur Massekonstanz getrocknet. Zum Schluss wurde die Masse des Rückstands bestimmt, um den Anteil an gelösten, nichtflüchtigen Stoffen (TDS-Wert) zu ermitteln.

Ein Teil jeder filtrierten Probe wurde separat in einem Eppendorf-Röhrchen zur Messung des Brechungsindex aufbewahrt. Gashaltige Proben wurden kurz vor der Analyse im Ultraschallbad behandelt. Die Bestimmung des Brechungsindex erfolgte mittels Refraktometer (Typ: DR6000-T, A. Krüss Optronic GmbH, Hamburg). Die Proben wurden bei einer Wellenlänge von 589 nm und einer Temperatur von 20°C mit einer Genauigkeit von 0,0001 analysiert. Alle Versuche wurden der Reproduzierbarkeit halber dreimal durchgeführt und ein Signifikanzniveau von 95 Prozent herangezogen.

Ergebnisse

In Abbildung 1 sind die verschiedenen Konzentrationsgaben zu Wasser bei einer Rotationsgeschwindigkeit von 250 U/min und einer Temperatur von 20°C gegenübergestellt. Die Kurven lassen erkennen, dass trotz unterschiedlicher Konzentrationen der entsprechende TDS-Endwert etwa zur gleichen Zeit erreicht wird. Ab diesem Punkt bleibt der erreichte Wert konstant, er weist ein lineares Verhältnis zur Hopfenmenge auf. Unter diesen Bedingungen stellten größere Konzentrationen kein Hindernis für die Extraktionsgeschwindigkeit dar.

Abbildung 2 zeigt die resultierenden Ergebnisse, wenn der gleiche Versuch über den Brechungsindex statt direkt über den Feststoffrückstand (wie in Abb. 1) ausgewertet wird. In der Darstellung ist ersichtlich, dass die Brechungsindexverläufe denen in Abbildung 1 stark ähneln. Dies war zu erwarten, da der Brechungsindex laut Kalibrierung direkt proportional mit dem Gehalt an gelösten Feststoffen ansteigt. Aus diesem Grund wäre es ohne großen Aufwand möglich, für eine bestimmte Bier-Hopfen-Kombination eine Kalibriergerade zu bestimmen, sodass der Fortschritt eines kaltgehopften Bieres kostengünstig und schnell mit einem Refraktometer überwacht werden kann. Vielleicht lässt sich zudem zukünftig eine Korrelation zwischen TDS-Werten und Geschmackseigenschaften ermitteln, wie dies vereinfacht für Kaffee seit Jahrzehnten etabliert ist.

Die gemessenen Werte zum Einfluss der Rührgeschwindigkeit auf die Extraktionskinetik in Wasser bei 10 g/l und 20°C werden in Abbildung 3 gezeigt. Aufgrund der guten Korrelation von TDS und gelösten Feststoffen wird hier und im Folgenden nur noch der TDS-Wert gezeigt.

Die Stoffübertragung wurde in den gerührten Versuchen stark beschleunigt, was gegen eine statische Hopfung spricht. Ohne Rühren war die Extraktion nach 180 min erst zu ca. 60 Prozent abgeschlossen, während sie in den anderen Fällen schon nach 30 min beendet war. Ein analoges Verhalten ist auch in anderen Arbeiten zu sehen [5]. Erstaunlich an den Ergebnissen in Abbildung 3 ist, dass die Rührgeschwindigkeit selbst kaum einen Einfluss auf die Extraktion zu haben scheint. Dies könnte etwa mit einer Diffusionslimitierung erklärt werden, also damit, dass ab einer bestimmten Umströmung der Hopfenpartikel der Stoffübergang durch eine weitere Erhöhung der Strömung nicht zusätzlich gesteigert werden kann, da dann bereits die Diffusion im Inneren der Partikel der limitierende Faktor ist.

Um den Temperatureinfluss zu untersuchen, wurde eine weitere TDS-Analyse bei 10 g/l und 250 U/min durchgeführt. Die Resultate sind in Abbildung 4 gezeigt.

Die Extraktionsgeschwindigkeit hängt folglich stark von der Temperatur ab. Mit steigender Temperatur nimmt die Geschwindigkeit der Stoffübertragung schnell zu und damit die Extraktionsdauer ab. Bei 40°C war die Extraktion nach ca. 10 min beendet, bei 20°C nach 30 min und bei 7°C erst nach 180 min. Auch die optische Betrachtung der Suspension bekräftigte dies: Bei Temperaturen von 20°C und 40°C waren die Pellets schon nach wenigen Minuten weitestgehend aufgequollen und zersetzt, wie bereits von anderen Arbeiten gezeigt [6, 7]. Bei 7°C dagegen waren auch nach über einer Stunde noch größere Flocken zu erkennen. Eine analoge Versuchsreihe wurde auch mit Bier als Suspensionsmedium wiederholt. Die dabei gemessenen Werte sind in Abbildung 5 zu sehen. In diesem Fall war die Temperatur ebenso ausschlaggebend für die Extraktionsgeschwindigkeit. Es wurde jedoch beobachtet, dass der Effekt kurz vor dem Erreichen des TDS-Endwertes abgeschwächt wurde, sodass die Extraktion gegen Versuchsende dann langsamer erfolgte.

Obwohl einige Messpunkte große Konfidenzintervalle aufwiesen (die Probenvorbereitung kann wegen Kohlensäure und Filterverstopfungen problematischer werden), konnte festgestellt werden, dass die Extraktion nach etwas mehr als drei Stunden beendet war.

Da Bier bereits vor der Hopfenzugabe gelöste Stoffe enthält, war der TDS-Wert am Versuchsanfang verschoben im Vergleich zu den Versuchen mit Wasser. Nach Normierung wird es möglich, beide Versuchsreihen gegenüberzustellen. Die Extraktion mit Wasser als Suspensionsmedium fand deutlich schneller statt als mit Bier bei gleicher Temperatur. Dieser Effekt konnte auch im Quell- und Zersetzungsverhalten beobachtet werden [6]. Zurückzuführen ist dies auf die im Bier bereits gelösten Stoffe, die ein Hindernis für weitere Stoffübertragung darstellen.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Mit dieser Arbeit konnte eine Überwachungsmethode von der Kaffeeextraktion erfolgreich auf die Kalthopfung mit Hopfenpellets übertragen werden. Dies ermöglicht es, zukünftig einfache Kriterien zur Qualitätskontrolle auszuarbeiten. Weiterhin wurden Erkenntnisse über Mechanismen der Stoffübertragung beim Hopfenstopfen durch gezielte Parametervariationen gewonnen.

Die Ermittlung des TDS-Werts mittels der Trockenrückstandsanalyse lieferte eindeutige Resultate. Ein linearer Zusammenhang zwischen TDS-Wert und Brechungsindex wurde festgestellt, sodass nur einer der beiden Analysewerte nötig ist, um den zweiten durch die ermittelte Kalibrierungsgerade zu bestimmen. Da die Analyse mittels Refraktometer wesentlich schneller Ergebnisse liefert, ist es sinnvoll, den Brechungsindex direkt auszuwerten. Für die praktische Umsetzung wäre es allerdings ratsam, ein Refraktometer mit einer größeren Messgenauigkeit zu benutzen, damit die Zuordnung der Werte eindeutiger wird.

Durch höhere Temperaturen und dynamische Strömungsbedingungen konnte eine starke Beschleunigung der Stoffübertragung erzielt werden. Bier als Suspensionsmedium zeigte gegenüber Wasser einen verlangsamenden Effekt auf die Extraktion. Die Ergebnisse ließen aber erkennen, dass auch mit Bier bei dynamischen Strömungsbedingungen der maximale TDS-Wert nach drei Stunden erreicht wird. Danach konnte keine weitere Erhöhung des TDS-Werts beobachtet werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass zukünftig in jedem Fall die Einflüsse der verschiedenen Produkte verstärkt betrachtet werden müssen. Um die Methode weiter auszubauen, wäre es noch nötig, für einzelne Bier-Hopfen-Kombinationen die entsprechende Kalibrierung durchzuführen und zudem eine Korrelation zwischen gemessenen TDS-Werten und sensorischer Wahrnehmung zu etablieren.

Literatur

1. Mitter, W.; Cocuzza, S.: „Wiederbelebtes Verfahren: Die Kalthopfung – Grundsätzliches und Techniken“, Brauindustrie, Nr. 4, 2012, S. 10–12.
2. Biendl, M.; Engelhard, B.; Forster, A.; Gahr, A.; Lutz, A.; Mitter, W.; Schmidt, R.; Schönberger, C.: Hopfen: Vom Anbau bis zum Bier, 1. Auflage, Fachverlag Hans Carl, Nürnberg, 2012.
3. Kingston L.: How to make coffee – The science behind the bean, Ivy Press, UK 2015.
4. Deutsches Institut für Normen e.V.: „Charakterisierung von Abfällen: Bestimmung des Gesamtgehaltes an gelösten Feststoffen (TDS) in Wasser und Eluaten“, 13.030.20, no. 15216, Berlin, 2008.
5. Banke, F.; Pillmeier, A.: „Volles Hopfenaroma mit halber Menge“, Brauwelt Nr. 33, 2014, S. 998–1000.
6. Engstle, J.; Kuhn, M.; Kohles, M.; Briesen, H.; Först, P.: „Disintegration of Hop Pellets during Dry Hopping“, BrewingScience 11/12, 2016, S. 123–127.
7. Bandelt Riess, P.; Engstle, J. and Först P.: „Characterizing the Filtration Behavior of Hop Particles for Efficient Dry Hopping Methods“, BrewingScience 9/10, 2018, S. 74–80.

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