Sicherstellung der Zinkversorgung für die Hefe

Neuer Ansatz gemäß Reinheitsgebot

Sicherstellung der Zinkversorgung für die Hefe
AutorInstitution
Dr. Hubertus SchneiderbangerForschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität, TUM
Friedrich AmpenbergerForschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität, TUM
Prof. Fritz JacobForschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität, TUM
Datum 04. Juni 2020
Ausgabe2
Jahrgang88
Seitenzahl79-81

Eine Problematik, der sich deutsche Brauer seit Jahrzenten stellen müssen, ist die Sicherstellung einer ausreichenden Zinkversorgung ihrer Kulturhefe. Ohne dieses Spurenelement kommt es zum Teil zu gravierenden Problemen bei der Gärung und Reifung der Biere. Da eine Zinkzugabe gemäß Reinheitsgebot nicht zulässig ist, stellt sich die Frage nach Alternativen.

Zink im Hefestoffwechsel

Zink ist ein für den Hefestoffwechsel essentielles Spurenelement, das an über 70 Reaktionen des Gärungsstoffwechsels beteiligt ist. Es wirkt vor allem als Cofaktor für das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH), das die Umsetzung von Zuckern zu Alkohol katalysiert. Auch für die Proteinsynthese und andere wichtige Stoffwechselvorgänge während der alkoholischen Gärung wird Zink als Cofaktor benötigt. Der Zinkpool in der Hefezelle wird bei der Zellteilung teilweise an die Tochterzelle weitergegeben, wodurch die intrazelluläre Zinkkonzentration vor allem zu Beginn der Gärung (zu der eine Zellvermehrung gewünscht ist) stark reduziert wird [1].

Bei Auftreten eines Zinkmangels in der Hefezelle kann es jedoch zu technologischen Problemen, wie einer verlangsamten Gärung, und vor allem zu einer unzureichenden Reifung des Bieres kommen. Das Hauptziel der Reifung eines Bieres ist der Abbau unerwünschter Jungbukettstoffe wie Diacetyl und 2,3-Pentandion.

Kommt es in der Brauerei zu schleppenden Reifungen, sind diese meist auf folgende drei unterschiedliche Ursachen zurückzuführen:

  • Es sind zu wenige Hefezellen beim Schlauchen in den Lagertank gelangt (Zweitankverfahren);
  • es kommt zu einem frühzeitigen Absetzen der Hefe (Pre Yeast Flocculation);
  • Zinkmangel der Hefezellen.

Werden verlängerte Reifungsphasen notwendig, sieht sich die Brauerei u.a. mit Mehrkosten für Energie, längeren Tankbelegungszeiten und Qualitätsminderungen bei den Bieren konfrontiert.

Entwicklung Zinkgehalt im Produktionsverlauf

Gemäß dem deutschen Reinheitsgebot (bzw. gemäß dem „vorläufigen Biergesetz von 1993“, der „Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 – Lebensmittelzusatzstoffe“ sowie der „Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu Lebensmitteln zu technologischen Zwecken, 2017“) ist es deutschen Brauern jedoch nicht erlaubt, Zusatzstoffe, wie z.B. Zinkchlorid oder Ähnliches, für die Produktion von Bier zu verwenden. Auch in der EU ist eine Zugabe von Zink als Zusatzstoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/ 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 nicht erlaubt. Demnach muss die Problematik des Zinkmangels in Brauereien technologisch gelöst werden.

Zink liegt prinzipiell in mehr als ausreichenden Mengen im Malz vor (ca. 3,0–3,5 mg/100 g Trockensubstanz) [2]. Allerdings sind die Verluste dieses Spurenelements während einer normalen Würzeproduktion sehr hoch, sodass lediglich 0,03–0,15 mg/l in der produzierten Würze enthalten sind. Versuche von Daveloose zeigten, dass der Zinkgehalt während des Maischens, ausgehend von 1,35 mg/l, um 65 Prozent sinkt. Durch die Nachgüsse und das Läutern fiel der Zinkgehalt um weitere 71 Prozent auf einen durchschnittlichen Wert von 0,11 mg/l. Nach Kochende lag ein Gehalt von ca. 0,07 mg/l vor [3].

Auch Narziß et al. weisen darauf hin, dass es unter normalen Produktionsbedingungen zu starken Verlusten an Zink kommt [2]. Gemäß Literatur sollten der Hefe jedoch mindestens 0,12 – 0,15 mg/l für eine gute Versorgung zur Verfügung stehen [4, 5, 6]. Zwar ist eine Aufnahme von Zink über das Brauwasser möglich, allerdings ist der Zinkgehalt im Brauwasser mit durchschnittlich 0,02 mg/l sehr gering und kann somit nicht entscheidend zu einer ausreichenden Versorgung der Hefe beitragen [8]. Ebenso erfolgt über die Hopfengabe nur ein geringer Zinkeintrag. So weisen Aromahopfen und Bitterhopfen laut Passaghe et al. mittlere Zinkgehalte von 93,9 µg/kg und 82,7 µg/kg auf [9]. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Menge an Hopfen, die zur Bierherstellung verwendet wird, ist der Eintrag an Zink vernachlässigbar.

Verfahren zur Erhöhung der Zinkkonzentration

Um die Zinkkonzentration in der Würze zu erhöhen, empfehlen Narziß et al. bei 45–50 °C einzumaischen, eine 30–60-minütige Rast einzuhalten und den pH-Wert auf 5,45 einzustellen. Darüber hinaus empfehlen sie einen geringen Hauptguss zu verwenden [2]. Diese Verfahrensweise führt in der Regel jedoch nur zu einer leichten Erhöhung der Zinkkonzentration, da die Zinklöslichkeit in erster Linie pH-abhängig ist und dieser hierbei nur geringfügig verändert wird. Zwischen pH 7,5 und 11,0 ist Zink unlöslich, bei neutralen pH-Werten zwischen 6,0 und 7,5 kaum löslich und im sauren Bereich unter pH 6,0 zunehmend löslich [7].

Des Weiteren ist aus der Brauereipraxis die Produktion eines sogenannten Spelzensudes bekannt. Hierzu muss die Brauerei über eine Sechswalzen-Trockenschrot-Mühle verfügen, mit deren Hilfe es möglich ist, Spelzen zu separieren. Diese werden mit relativ geringen Malzschrot-Anteilen bei niedrigen pH-Werten gemaischt und im Anschluss auf andere Sude aufgeteilt oder der Hefepropagation zugeführt. Die Produktion eines solchen Spelzensudes setzt jedoch voraus, dass einerseits eine Spelzenseparation möglich ist, andererseits sollte ein Vorratsbehälter für den angesäuerten Spelzensud vorhanden sein.

Weitere Möglichkeiten sehen eine saure Extraktion von Wurzelkeimlingen oder des Trebers vor [7]. Diese Verfahren sind jedoch mit einem zusätzlichen Aufwand für die Brauereien verbunden und bringen andere Probleme, wie z.B. einen erhöhten Fettsäureeintrag, mit sich.

Neuer Ansatz gemäß dem Reinheitsgebot

Anhand von Versuchen, die am Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) durchgeführt wurden, konnte gezeigt werden, dass eine Spelzentrennung für die erhöhte Zinkgenerierung nicht zwingend erforderlich ist, da in anderen Malzfraktionen (Grobgrieße, Feingrieße etc.) ebenfalls Zink in ausreichender Menge vorhanden ist (s. Abb. 1).

Zinkkonzentrationen in verschiedenen Schrotfraktionen von hellem Gerstenmalz

Auch wenn eine Spelzentrennung für die Zinkgenerierung nicht zwingend notwendig ist, stellt sich jedoch immer noch die Problematik der Zinklöslichkeit bei üblichen Maische-pH-Werten. Eine mögliche Lösung kann daher der Einsatz von biologischer Milchsäure sein, um den pH-Wert zu senken. In vielen Brauereien wird zur Maische oder zur Würze biologische Milchsäure in geringeren Dosagen zugegeben, um positive technologische Effekte wie die pH-Wert-Optimierung für wichtige Enzyme beim Maischen, eine gute Proteinfällung beim Würzekochen und eine bessere Sensorik zu erzielen. Hierbei wird der pH-Wert beim Maischen mittels biologischer Milchsäure üblicherweise auf 5,5–5,8 und vor dem Würzekochen auf 5,3–5,6 eingestellt, um die bestmöglichen Resultate zu erzielen; allerdings ist die Zinkgenerierung auch hierbei sehr gering.

Ein durch die TU München zum Patent angemeldetes Verfahren vereint die positiven Aspekte der Milchsäure-Dosage mit einer Erhöhung der Zinkkonzentration nach den deutschen Gesetzmäßigkeiten. Hierzu wird lediglich ein Tank mit Rührwerk benötigt, in dem Malzschrot und biologische Milchsäure vermengt werden können. Die Zinkgenerierung ist temperaturunabhängig, sodass keine Heizflächen oder Ähnliches angebracht werden müssen. Die für einen Sud übliche Menge an Milchsäure wird mit Malzschrot (ca. 1 kg auf 4,0 l im Pilotmaßstab) in diesem Tank für eine gewisse Zeit (ausreichend ist 1 h) homogenisiert. Wird die auf diese Weise angereicherte Milchsäure der Maische zugegeben, kann auf eine Absetzphase verzichtet werden, da eine Verzuckerung im laufenden Prozess noch möglich ist.

Im Falle einer Würzesäuerung dosiert man nach einer Absetzphase den Überstand der Milchsäuremaische in die Würze. So kann eine höhere Ausbeute erzielt werden, da kein Zink mit dem Treber abgetrennt wird. Durch die niedrigen pH-Werte der Milchsäure (pH-Wert ca. 3,5 bei einer Milchsäurekonzentration von 1,0–1,5 %) wird überdurchschnittlich viel Zink gelöst und gelangt über die angereicherte Milchsäure in die Maische respektive die Würze. Auf diese Weise kann durch geringen technischen und apparativen Aufwand eine deutlich höhere Zinkkonzentration in der fertigen Würze generiert werden, ohne dass der übliche Maische- bzw. Würze-pH-Wert reduziert werden muss und ein übermäßiger zusätzlicher Aufwand für die Brauerei entsteht (s. Abb. 2, Artikelbild oben).

Wie Abbildung 3 zeigt, ist die Konzentration an Zink (gelöst in technischer Milchsäure mit einer Konzentration von 1,1 %) bereits nach 10-minütigem Rühren bei 20 °C recht hoch. Da bei diesen Bedingungen weder eine ausgeprägte Zytolyse noch eine Proteolyse stattfinden kann, ist auch der photometrische Jodwert in einem für den weiteren Brauprozess normalen und vertretbaren Bereich.

Zinkkonzentration und photometrischer Jodwert in Milchsäuremaische

Nach einer Sedimentationsphase wurde mittels der in Abbildung 4 dargestellten mit Zink angereicherten Milchsäure ein pH-Wert von 5,3 in der Pfannevollwürze eingestellt (Zugabe von ca. 1,2 l auf 50 l), woraus sich eine deutliche Steigerung der Zinkkonzentration im Dreifachversuch ableiten ließ (s. Abb. 5). Die Zinkkonzentration stieg von 0,13 mg/l auf 0,29 mg/l, was in der Ausschlagwürze zu einer Konzentration von 0,22 mg/l führte (Referenzversuche 0,08–0,11 mg/l). Somit kann eine ausreichende Zinkgenerierung mit einfachen Mitteln sichergestellt werden.

Zinkgenerierungstank im Labormaßstabsversuch Zinkkonzentration im Verlauf des Versuchs

Ein solches Verfahren ist auch im Großmaßstab ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar und kann Brauereien helfen, dauerhaft einen ausreichenden Zinkgehalt für die Hefe sicherzustellen.

Literatur

1. De Nicola, R.; Walker, G. M.: „Zinc Interactions with Brewing Yeast: Impact on Fermentation Performance“; American Society of Brewing Chemists, 2011, S. 214 – 219.
2. Narziß, L.; Back, W.; Gastl, M.; Zarnkow, M.: Abriss der Bierbrauerei, 8. Auflage, 2017, S. 144.
3. Daveloose, M.: „An Investigation of Zinc concentrations in brewhouse worts“; Master Brewers Association of the Americas Technical Quarterly, 1987, 3, S. 109 – 112.
4. Donhauser, S.; Wagner, D.: „Möglichkeiten der Beeinflussung des Zinkgehaltes der Würze“; Monatsschrift für Brauwissenschaft, 1986, S. 223 ff.
5. Donhauser, S.: „Gärstörungen. Befunderhebung und Gegenmaßnahmen“; Brauwelt Nr. 22, 1981, S. 816 – 817 und S. 820 – 824.
6. Wagner, D.; Geiger, E.; Birk, W.: „Der Zink- und Mangangehalt der Hefe in Abhängigkeit von bestimmten gärungstechnologischen Faktoren“; Proceedings of the EBC Congress, 1983, S. 473 – 480.
7. Schwedt, G.: Taschenatlas der Umweltchemie; Georg Thieme Verlag, 1996.
8. Zinkwerte in Brauwasserproben aus den Jahren 2015 und 2016, Forschungszentrum Weihenstephan BLQ.
9. Passaghe, P., et al.: „Monitoring of some selected heavy metals throughout the brewing process of craft beers by inductively coupled plasma mass spectrometry“; European Food Research and Technology, 241 (2), 2015, S. 199 – 215.

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