Sommergerste 2020

Erntebericht

Sommergerste 2020
AutorInstitution
Walter KönigBraugersten-Gemeinschaft e.V., München
Dr. Martina GastlLehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie, TUM
Datum 29. Oktober 2020
Ausgabe4
Jahrgang88
Seitenzahl140-141

Heterogene Sommergerste in Europa und Deutschland

Die Sommergerstenernte in Europa fällt in diesem Jahr heterogen aus. Mehr Fläche in einigen Ländern bedeutet nicht unbedingt ein größeres Angebot an qualitativ guten Partien. Dennoch steht ein reichliches Angebot an Sommergerste zur Verfügung. Eine Corona-bedingte kleinere Nachfrage nach Bier wirkt sich auch auf die Nachfrage nach Gerste aus (hier mehr zur Sommergerste in Europa).

In Deutschland wurden in diesem Jahr keine Spitzenerträge - mit großen regionalen Unterschieden - eingefahren. Die Witterung hatte Auswirkungen auf Ertrag und Qualität, teilweise auch auf die Sortierung. Die Ernte liegt auf Vorjahresniveau. Ein Importbedarf in Höhe von rund 1,0  Mio t bleibt bestehen. (Informationen von Dagmar Hofnagl/Korrespondentin der Agrarzeitung).

In diesem Jahr fanden in den Anbaugebieten für Braugerste in Deutschland, aber auch europaweit, anstatt der üblichen Braugerstenrundfahrten Feldbesichtigungen in kleinen Gruppen und Video-Rundfahrten statt.

Basierend auf der Erntedatenerfassung mit Unterstützung der Landesförderverbände für Braugerste in Deutschland und den Saatenstands- und Ernteberichten der Braugersten-Gemeinschaft e. V. gibt dieser Beitrag einen kurzen Überblick über die Braugerstenernte 2020.

Anbaufläche und Ernteprognose 

Die Anbaufläche für Sommergerste ist in Deutschland mit ca. 354.000 ha auf dem Vorjahresniveau geblieben. Die Auswirkungen der Frühjahrstrockenheit, die in weiten Teilen Deutschlands zum ungleichmäßigen Aufgang der Saat, zu lückigen Beständen und zu dünner Bestockung geführt hat, sind bis zur Ernte deutlich spürbar. Darüber hinaus haben in einzelnen Regionen kalte Nächte und teilweise extreme Niederschläge im Mai vermehrt zu Taubährigkeit geführt. Die späten Niederschläge führten bei dünn bestockten Beständen vielerorts zu Zwiewuchs, der teilweise noch zur Ausreife kommt, oft aber zu einer Belastung für den Drusch und die Qualität wird.

Aufgrund der schwierigen Jugendentwicklung und der extremen Trockenheit im Frühjahr sind die Ertragserwartungen in den meisten Bundesländern unterdurchschnittlich. Insgesamt wurde in der Prognose mit einem Durchschnittsertrag von unter 50  dt/ha gerechnet. Dies führt zu einer rechnerischen Sommergersten-Erntemenge von ca. 1,5  Mio Tonnen.

Moderate Temperaturen während der Kornfüllungsphase und ausreichend Niederschläge lassen in den meisten Anbauregionen eine gute Kornausbildung und einen durchschnittlichen Eiweißgehalt erwarten. Die Prognosen sind ohne Druschergebnisse jedoch noch sehr vage. Geht man von einem durchschnittlichen Eiweißgehalt von 11  Prozent und einem hohen Vollgerstenanteil von ca. 90  Prozent aus, würde trotz des niedrigen Ertrags im besten Falle eine Braugerstenmenge von ca. 1,175 Mio Tonnen geerntet werden.

Witterungsrückblick

Die Sommergerste konnte flächendeckend sehr kompakt von Anfang bis Ende März bei guten bis sehr guten Bodenbedingungen ausgebracht werden. Überwiegend lief die Saat bei ausreichend Restfeuchte im Boden gut und gleichmäßig auf.

Mancherorts (Thüringen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern) zeigte sich jedoch lückiges Auflaufen als Auswirkung des Wasserdefizits, so dass auch teilweise nachgesät wurde.
Das extrem trockene und warme Frühjahr hat in allen Anbaugebieten deutliche Spuren hinterlassen. Flächendeckende Niederschläge und kühle Temperaturen (besonders nachts) Ende April und Anfang Mai brachten die erhoffte Entspannung durch Nährstoffversorgung und gleichmäßiges Pflanzenwachstum. 

Lokale Trockenschäden und eine unterdurchschnittliche Bestockung waren bis zur Ernte sichtbar und haben zu Ertragseinbußen und Zwiewuchs geführt. Starkregen Mitte Juni begünstigte das Nachschossen und warf Bestände ins Lager. Zu bedenken ist auch, dass hohe Feuchtigkeit während der Blüte schon oftmals die Gushingneigung begünstigte. Dies bleibt zu beobachten!

Des Weiteren traten Phänomene wie Laternenährigeit bzw. Taubährigkeit auf, die durch Stress bei der Anlage der Ähre gebildet wurden (siehe Abb. 1 + 2). Zusätzlich können sehr kühle Nachttemperaturen und auftretender Starkregen nach extremer Trockenheit zu Ertragseinbußen führen.

Abb. 1 + 2 Laternenährigkeit bzw. Taubährigkeit 

Abb. 1 + 2 Laternenährigkeit bzw. Taubährigkeit

Abb. 1 + 2 Laternenährigkeit bzw. Taubährigkeit

Letztendlich förderten moderate Temperaturen während der Kornfüllung und Abreife eine sehr gute Kornausbildung und es konnte unter trockenen Erntebedingungen – mit nur kurzen Regenunterbrechungen – eine gesunde Ernte eingebracht werden.

Das Jahr 2020 zeigt keine Auffälligkeiten wie Schwärzepilze oder Auswuchs. 

Sortenspektrum 

Das Sortenspektrum wird von den im Berliner Programm zur Verarbeitung empfohlenen Sorten Avalon, Leandra, Accordine, Quench und RGT Planet bestimmt sowie von Sorten für den Vertragsanbau. 

Menge und Qualität der Braugerste 

Bei einem durchschnittlichen Ertrag von 53,9  dt/ha wurden in Deutschland rund 1,9  Mio t Sommergerste geerntet. Jedoch liegen bei einem Eiweißgehalt von durchschnittlich 11,0  Prozent tendenziell eher hohe Eiweiß­gehalte vor. Lediglich 56  Prozent der Ware liegen in der geforderten Spezifikation von 9,0 – 11,5 Prozent Eiweiß. Der Vollgerstenanteil liegt bei durchschnittlich 93,2  Prozent und somit deutlich über dem Vorjahr mit 84,8  Prozent. Der Ertrag entspricht mit 53,9 dt/ha dem Vorjahresniveau. 

Die von den Experten in den Bundesländern geschätzte Ablieferungsmenge von braufähiger Sommergerste ist mit 1,16  Mio t auf dem Vorjahresniveau anzusetzen. Insbesondere die Verarbeitung von Malzen mit sehr hohen Eiweißgehalten kann unter anderem zu Trübungs- und Filtrationsproblemen führen (wie auch intensivere, evtl. schwandreichere Lösung notwendig, Verschiebung der Anteile der Eiweiß­fraktionen, intensivere Klärung bzw. höherer Filterhilfsmitteleinsatz nötig).

Bei Einsatz von Grenzqualitäten (z. B. hohe Eiweißgehalte, schlechte Sortierung) können somit zusätzliche Kosten in der Verarbeitung entstehen. Bis dato sind keine extrem hohen Verkleisterungstemperaturen auffällig, dennoch sollten diese bei heißen oder extrem trockenen Witterungsbedingungen in der Kornfüllungsphase regelmäßig kontrolliert werden. Dies war 2020 nicht flächendeckend der Fall, jedoch regional sehr problematisch.

Der endgültige Erntebericht über die Braugerstenernte 2020 in Deutschland erscheint Mitte November. Weitere Informationen sind auf der Internetseite der Braugersten-Gemeinschaft e. V. (www.braugerstengemeinschaft.de) erhältlich.

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