Läutern: Untersuchungen der Extraktgewinnung

Filtrieren, Waschen, Extrahieren

Läutern: Untersuchungen der Extraktgewinnung
AutorInstitution
Peter Bandelt RiessLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Maximilian HohmannLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Prof. Heiko BriesenLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Prof. Petra FörstLehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, TUM
Datum 20. August 2020
Ausgabe3
Jahrgang88
Seitenzahl106-108

Der Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik (SVT) bearbeitet aktuell gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie (BGT) ein Projekt (AiF 19359 N), um den Läuterprozess aus verschiedenen Perspektiven genauer zu beleuchten. Prozessstrategien werden untersucht, sodass das bestehende Trennverfahren im Hinblick auf Läuterdauer und Extraktgewinnung effizienter gestaltet werden kann.

Einleitung

Die Maischefiltration ist ein wesentlicher Prozessschritt der Bierherstellung. Die Separation im Läuterbottich ist hierzu die traditionelle Methode, um Bierwürze aus der Maische zu gewinnen; sie findet bei kleinen und mittelständischen Brauereien sowie Brauereien mit einer großen Sortenvielfalt breite Anwendung. Dabei wird ein hochkompressibler, geschichteter Treberkuchen aufgebaut, der einen besonderen Flaschenhals für die Produktion darstellen kann [1]. Die ausgebildete Deckschicht des Treberkuchens, der Oberteig, zeigt einen stark erhöhten Filterkuchenwiderstand und behindert die Filtration [2], was zwangsläufig zu erhöhten Prozesszeiten führt. Mehrere Prozessstrategien zur Verkürzung der Läuterdauer sind bereits am Lehrstuhl adressiert und getestet worden, wobei die Anwendung von Füllkörpern eine vielversprechende Verkürzung der Läuterdauer gezeigt hat [3]. Da neben der Läuterdauer auch die Extraktausbeute von Bedeutung ist, soll in diesem Beitrag der Einfluss der Waschgeschwindigkeit auf die Extraktgewinnung im Vordergrund stehen.

Die Zuckerextraktion aus Treber wird experimentell unter Variation der Strömungsrate nachgestellt und die zeitliche Entwicklung der Auslaugung durch Dichtemessungen überwacht. Diese Erkenntnisse können zu einem besseren Verständnis der Vorgänge während des Anschwänzens beitragen.

Theoretischer Hintergrund

Der Läuterprozess setzt sich aus mehreren phänomenologisch unterschiedlichen Schritten zusammen. Es findet nicht nur eine mechanische Filtration statt, sondern auch eine vorhergehende Sedimentation. Der Treberkuchen wird sowohl während des Trenn- als auch während des Waschprozesses durchströmt und bei jedem Schritt soll möglichst viel Extrakt gewonnen werden. Die hydraulischen Verhältnisse bei der Durchströmung des Treberkuchens können durch das Darcy-Gesetz (Gleichung 1) beschrieben werden:

Volumenstrom Q, Druckunterschied Δp, Filterfläche A, Permeabilität k, Filtratviskosität η und Kuchenhöhe h stehen hier im Zusammenhang. Die Permeabilität k ist eine Kennzahl für die intrinsische Durchlässigkeit des porösen Mediums, die gemäß Gleichung 2 nach Kozeny und Carman geschätzt werden kann [4].

Die Permeabilität ist somit eine Funktion der Kuchenporosität ε und der spezifischen Oberfläche S der Feststoffpartikel (C ist ein konstanter Wert). Aus Gleichungen 1 und 2 folgt, dass eine Zunahme des Hohlraums im Kuchen eine Zunahme sowohl der Permeabilität als auch des Volumenstroms mit sich bringt. Die Hydrodynamik im Filterkuchen wird geändert. Da bekannt ist, dass Füllkörper den Hohlraum in Filterkuchen beeinflussen [5], soll dessen Effekt auf die Kuchenwaschung untersucht werden.

Eine ideale Waschung zeichnet sich durch eine Flüssigkeitsverdrängung ohne Rückvermischung aus. Die Beladung X der Mutterflüssigkeit im Kuchen (in diesem Fall, Massenverhältnis von Würze und Treber) und das Massenverhältnis von Waschflüssigkeit und sich im Porenraum befindender Flüssigkeit Wm stehen dann im folgenden Zusammenhang:

In Gleichung 3 wird X = 0 bei Wm = 1, wenn die Pfropfenströmung ideal ist. In der Realität (s. durchgezogene Linie in Abb. 1) finden allerdings Dispersion und Diffusion gleichzeitig statt und die Waschkurve wird deutlich ausgebreitet [6].

Abb. 1 Schematische Waschkurve mit Waschbereichen [6]

Experimentelles Vorgehen

Für die Versuchsreihen wurde zunächst eine homogene Pilsner Malzcharge nach Konditionierung mit einer Zweiwalzenmühle (Mahlspalten 1 und 0,4 mm) gemahlen. Bei jedem Experiment wurden 500 g Malzschrot mit 2 l vollentsalztem Wasser nach dem Hoch-Kurz-Verfahren in einem IKA-Maischreaktor gemaischt (s. Abb. 2).

Abb. 2 Mischreaktor und Programm zum Hoch-Kurz-Maischverfahren

Das Läutern wurde in einem durchsichtigen Versuchsläuterbottich mit einem Innendurchmesser von 10cm durchgeführt. Nach 10min Läuterruhe wurde das Trubwürzepumpen gestartet und anschließend die filtrierte Würzemenge über die Zeit mit einer automatisierten Präzisionswaage und einer Kamera überwacht. Der Extraktgehalt und die Trübung wurden ebenso kontrolliert. Nach Erreichen einer Vorderwürzemenge von 1250 g wurden die Nachgüsse gestartet, bis eine Pfannenvollwürzemenge von 3000 g erreicht war. Alle Versuche wurden dreimal durchgeführt. Die Versuchsanlage ist in Abbildung 3 zu sehen.

Abb. 3 Laborläuterbottich mit Überwachungskamera (links) und Treberkuchen (rechts)

Eine erste Reihe von Waschungsversuchen im Bottich wurde als Referenz wie oben beschrieben durchgeführt. Das Hohlraumvolumen im Treberkuchen wurde danach durch Einbauen einer RMSR-Füllkörper-Struktur vergrößert (s. Abb. 4), um die Permeabilität zu ändern und ihren Einfluss zu untersuchen. Anschließend wurde die Läutervorgehensweise wiederholt.

Abb. 4 RMSR-Füllkörper

In einer weiteren Versuchsreihe wurden Treberauszüge gleich nach der Vorderwürzeläuterung (wie oben beschrieben) genommen und analysiert, um Rückschlüsse über den Stofftransport, der beim Anschwänzen stattfindet, zu ziehen. Diese Methode lehnt sich an diejenigen der MEBAK [7] zur Bestimmung auswaschbarer und aufschließbarer Extrakte an. Es wird jedoch sowohl auf Weitervermahlung der Treber als auch auf Enzymanwendung verzichtet, da diese Vorgänge beim Anschwänzen nicht stattfinden.

Zunächst wurde sichergestellt, dass die Extrakt- und Trübungswerte der Vorderwürze vergleichbar mit denjenigen der Referenz waren. Die gezogenen Treberproben (jeweils 50 g) wurden in Bechern eines Kongressmaischbads mit 500g vollentsalztem Wasser bei Abmaischetemperatur gehalten und gerührt. Flüssige Proben zur Analyse der Auslaugung wurden jeweils direkt nach dem Einmaischen und dann in 15-minütigen Intervallen für zwei Stunden am Behälterboden genommen. Bei jeder Bestimmung dieser Versuchsreihe wurde die Rührgeschwindigkeit geändert. Die Versuchsbedingungen sind Tabelle1 zu entnehmen.

 

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Versuchsreihe im Läuterbottich sind in Abbildung 5 dargestellt. Die zwei Waschkurven zeigen die relativen Extraktkonzentrationen der Würze beim Anschwänzen im Läuterbottich ohne und mit Verwendung von Füllkörpern. Diese Konzentration war während der Vorderwürzegewinnung bei 15,4°P nahezu konstant. Die Versuche wurden bei einem Extraktgehalt von ca. 2,3 °P gestoppt.

Beide Kurven lassen sich mit Abbildung 1 vergleichen und aus verfahrenstechnischer Sicht interpretieren. Das Beladungsverhältnis startet bei 1 und geht bei einem Waschverhältnis von ca. 1 in den Übergangsbereich. Bei der Treberwaschung kommt der Vorgang jedoch nicht in den dargestellten Diffusionsbereich des Diagramms. Die Streckung des Übergangsbereiches weist auf einen langsamen, von Rückmischung dominierten Prozess, der von Porenstruktur, Viskosität und Strömungsverhalten im Treberkuchen abhängt.

Abb. 5 Waschkurven der Versuche im Läuterbottich

Beim Vergleichen der Kurven miteinander kann ein signifikanter Unterschied zwischen den Waschverhältnissen 0,7 und 1,7 erkannt werden. Da der Hohlraum im Kuchen durch die Füllkörperstruktur modifiziert worden war, wurde das Strömungsverhalten der Würze durch den Treberkuchen geändert und das Läutern beschleunigt (dies wird allerdings in Abbildung 5 nicht gezeigt, da sie auf kumulativen Massenverhältnissen basiert). Dies war auch der Fall bei der Kuchenwaschung, was die Extraktgewinnung zu begünstigen scheint. Der Übergang in den Rückmischungsbereich (Wm ≈ 0,8) wurde mit Füllkörpereinsatz leicht verzögert, was für eine bessere Verdrängung spricht. Zwischen den benannten Waschverhältnissen ist der Extraktgehalt auch höher geblieben, d.h. am Ende wurde integral eine Würze mit einer leicht besseren Extraktausbeute geläutert. Die Extraktgehalte in der Pfannenvollwürze waren 10,9 °P für die Referenz und 11,8 °P für die RMSR.

Die Ergebnisse der Versuchsreihe zum Stoffübergang im Kongressmaischbad sind in Abbildung 6 dargestellt. Drei Extraktionskurven bei verschiedenen Rührgeschwindigkeiten werden über die Versuchsdauer gezeigt. Die ersten Proben wurden unmittelbar nach der Treberzugabe gezogen und anschließend alle 15 min.

Abb. 6 Zeitliche Extraktverläufe der Treberauszüge im Kongressmaischbad

Die schwarze Kurve entspricht dem Durchschnitt der Referenzversuche ohne Rühren, was den niedrigen Extraktgehalt bei Versuchsanfang erklärt. Die farbigen Kurven weisen wachsende Anfangswerte auf, da die Konvektion im Becher mit der Rührrate wächst und die Extraktkonzentration im Flüssigkeitsvolumen schneller homogenisiert wird. Anschließend nähern sich die Kurven mit der Zeit einander an, bis kein signifikanter Unterschied erkennbar ist. Dieses Verhalten setzt sich bis zur Minute 75 fort, wo ein Plateauwert erreicht wird. Ab diesem Zeitpunkt beginnen die Kurven, sich voneinander zu entfernen. Es wird vermutet, dass weitere Inhaltstoffe aus dem Treber ins Wasser diffundieren, welche die Dichte der Proben ändern.

Unabhängig davon stimmen alle Kurven im Mittelbereich überein, welcher eine Standarddauer eines Waschprozesses im Läuterbottich darstellt. Dies weist darauf hin, dass eine Erhöhung der Waschgeschwindigkeit im untersuchten Intervall die Zuckerextraktion aus dem Treber nicht beschleunigt. Es wird vermutet, dass es eine Diffusionslimitierung bei diesem Stoffübergang besteht, sodass die Waschgeschwindigkeit sich wenig auf die Extraktausbeute auswirkt.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Dieses Forschungsvorhaben zielt auf ein verbessertes Verständnis des Läuterverfahrens ab. Durch diese Untersuchungen wurde eine Beschreibung des Anschwänzens des Treberkuchens und der Zuckerextraktion aus den Malzkörnern aus verfahrenstechnischer Sicht erzielt. Die Anwendung von beschleunigenden Prozessstrategien, die am Lehrstuhl entwickelt wurden, könnte die Läuterung effizienter machen, indem sowohl Prozessdauer als auch Extraktausbeute positiv beeinflusst werden. Der Rückmischung im Treberkuchen wurde durch Füllkörper entgegengewirkt und eine Diffusionslimitierung beim Kuchenwaschen identifiziert.

Da die im Rahmen dieses Projekts beobachteten Effekte vielversprechend sind, sollten Untersuchungen im Technikumsmaßstab in zukünftigen Arbeiten durchgeführt werden. Weiterhin sollte die Vorgehensweise erweitert werden, um die ausgelaugten Inhaltsstoffe von den Treberauszügen zu identifizieren und quantifizieren. Die bisher gelieferten Ergebnisse belegen die Hypothese, dass die Füllkörperanwendung das Läutern beim Filtrieren, Waschen und Extrahieren begünstigt.


Literatur

1. Schwill-Miedaner, A.: Verfahrenstechnik im Brauprozess; 1. Aufl., Hans Carl, Fachverlag, Nürnberg, 2011, ISBN: 978-3-418-00822-6.
2. Engstle, J.; Richardt, N.; Först, P.: „Filter Cake Resistance of Horizontal Filter Layers of Lautering Filter Cakes“; Tech. Q. Master Brew. Assoc. Am., Vol. 52, Nr. 2, 2015, S. 29–35.
3. Bandelt Riess, P. M.; Kuhn, M.; Briesen, H.; Först, P.: „Evaluation of Process Strategies to Homogenize the Lautering Filter Cake Structure and Enhance Wort Production“; Conference Proceedings; Filtech 2019; Köln, Deutschland, (2019).
4. Bear, J.: Modeling Phenomena of Flow and Transport in Porous Media; Springer International, Cham, 2018, ISBN: 978-3-319-72825-4.
5. Bandelt Riess, P. M.; Engstle, J.; Kuhn, M.; Briesen, H.; Först, P.: „Decreasing Filter Cake Resistance by Using Packing Structures“; Chem. Eng. Technol., 41, 2018, S. 1956–1964.
6. Wilkens, M.; Peuker, U. A.: „Grundlagen und aktuelle Entwicklungen der Filterkuchenwaschung“; Chem. Ing. Tech., Vol. 84, Nr. 11, 2012, S. 1873–1884.
7. Drawert, F.: Brautechnische Analysenmethoden; Band 2, 4. Aufl., Freising-Weihenstephan, 2002, ISBN: 3-9805814-5-4.

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